5. Tag des Friedhofs in Siegburg. Walter Kühn, Mitorganisator des Cafe T.O.D, Ehemann von Roswitha Kühn, Trauerbegleiterin, Werner Klein, Arbeitstherapie der JVA Siegburg, Andrea Müller, Mitorganisatorin des Cafe T.O.D. und Leiterin des Standesamtes der Stadt Siegburg. (v. l. n. r.)
Quelle: JVA Siegburg

Am Wochenende, 19. und 20. September, jeweils 10 bis 18 Uhr, ist der 5. Tag des Friedhofs in Siegburg. Die JVA Siegburg beteiligt sich hieran mit einem Stand auf dem Nordfriedhofe, Alte Lohmarer Straße 10. Wie es dazu kam schildert und erläutert der Nachfolgende Text.

Im September 2013 besuchten uns Marga Basche und Walter Kühn, nach Absprache mit dem Anstaltsleiter der JVA Siegburg, Wolfgang Klein, in der JVA Siegburg.Beide planten, gemeinsam mit Roswitha Kühn, ein Friedhofsfeld für sogenannte "Unbedachte" auf dem Nordfriedhof der Stadt Siegburg zu gestalten. Die Stadt Siegburg stellte ein Friedhofsfeld zur Verfügung, um den Unbedachten der Stadt eine würdige Grabstätte zukommen zu lassen. Schüler des Siegburger Anno Gymnasiums gestalteten nach alter Sitte sogenannte "Totenbretter", die in der Schreinerei der JVA Siegburg versiegelt wurden.

Ebenfalls bat man Dirk Hornek, Schreinermeister in der JVA Siegburg,  eine alte Kirchentür fachgerecht aufzuarbeiten und dauerhaft wetterfest zu lackieren. Diese Türe steht symbolisch auf dem Feld der Unbedachten. In der Arbeitstherapie der JVA Siegburg sollten für die Unbedachten alte Holzkreuze aufgearbeitet werden. Mein Kollege, Jürgen Schmid hatte zunächst erhebliche Bedenken, Friedhofskreuze von Gefangenen aufarbeiten zu lassen.

Erschwerend kam hinzu, dass in dieser Zeit der Gef. C. bei uns einsaß und als Teilnehmer in der Arbeitstherapie arbeitete. Herr C. hatte Traumata - verursacht durch den Tod seines Sohnes P. sowie die Gewaltbereitschaft seines Vaters - und daraus resultierend, Alkohol- und Drogenprobleme aufzuarbeiten. Seinen Sohn hatte er Jahre vorher nur noch tot aus der brennenden Wohnung bergen können. Im Besprechungsraum unserer Arbeitstherapie versuchte ich, mich Schritt für Schritt diesem heiklen Thema zu nähern. Ich erzählte Herrn C. vom Plan der Stadt Siegburg und dass ich es für eine gute Idee hielte, auch an die Unbedachten, die Obdachlosen, zu denken. Schon im ersten Gespräch war Herr C. sehr begeistert von dieser Idee. Er erzählte, dass er bei der Beisetzung seines Sohnes P. vor einem ähnlichen Problem gestanden habe. Er sehe die Bilder des Wohnungsbrandes täglich vor sich. Den Moment, als er auf der Straße stand und nur mit einer Turnhose am Leib und den Leichnam seines Kindes auf dem Arm, vor dem Nichts gestanden habe. Durch eine Spendensammlung innerhalb der Nachbarschaft seien 300,- Euro für eine erste Hilfe gesammelt worden und er musste entscheiden, wofür das Geld ausgegeben werden sollte. Sein Sohn bekam ein übliches "Armenbegräbnis" von der Stadt Aachen.

Herr C. bat darum, dass er die Kreuze abschleifen dürfe und dass er mir helfen könne. In einem weiteren Gespräch kam er mit der Bitte, ob er eines der Kreuze auch für sich und seinen Sohn haben könnte. Das Grab seines Sohnes sei mittlerweile unkenntlich und auf dem weißen Kreuz könne man den Namen nicht mehr lesen.

Diese Geschichte erzählte ich Walter Kühn und dieser war sichtlich ergriffen von Herrn C.`s Schicksal. Er erzählte diese Geschichte dem Steinmetz, Markus Weisheit, Marga Basche und der Leiterin des Standesamtes, Andrea Müller und nur eine Woche später standen alle im Ausstellungs- und Besprechungsraum unserer Arbeitstherapie und übergaben Herrn C. einen Gedenkstein mit dem Namen seines Sohnes. In der Zwischenzeit hatte ich, gemeinsam mit Herrn C. ein altes Kreuz, nach seinen Wünschen und Vorstellungen, aufgearbeitet. Die Übergabe des Gedenksteines und des Kreuzes, waren für uns alle ein sehr bewegender Moment.

JVA Siegburg beteiligt sich am Tag des Friedhofs

Stand der JVA Siegburg mit den Auferstehungskreuzen aus der JVA. Quelle: JVA Siegburg

Im Laufe der Zeit entwickelte sich aus diesem ersten Kontakt und dem ersten gemeinsamen Erlebnis heraus eine gute und wertvolle Zusammenarbeit.

Inzwischen ist Herr Kühn für uns ein Freund unserer Arbeitstherapie geworden. Vor einigen Monaten fragte er mich, ob wir uns am Tag des offenen Friedhofes beteiligen würden.

Ich erzählte Herrn Kühn von unserem Auferstehungskreuz aus der Gefängnis- kirche.  Dieses Kreuz spricht mich immer wieder an und ich sehe etwas Positives, etwas Hoffnungsvolles in dieser Interpretation eines Kreuzes. Ich schlug Herrn Kühn vor, dass wir einen kleinen Informationsstand, ohne Personal, aufstellen können und dort unsere, handgefertigten, kleinen Auferstehungs- kreuze anbieten könnten. 

Ihnen, liebe Besucher  des Nordfriedhofes, wünsche ich einen gedanken - und hoffnungsvollen Tag sowie Hilfe, Kraft und Stärke bei der Traueraufarbeitung und Freude am Leben.

Die Schrittmacher dieses Projekts:

Roswitha Kühn, Trauerbegleiterin und Ehefrau von
Walter Kühn, Mitorganisator des Cafe T.O.D.
Andrea Müller, Mitorganisatorin des Cafe T.O.D.
und Leiterin des Standesamtes der Stadt Siegburg,
Marga Basche, Mitglied des Gefängnisbeirates der JVA Siegburg,
und Stadtratsmitglied der Stadt Siegburg,
Wolfgang Klein, Leiter der JVA Siegburg,
Herr C., Inhaftierter der JVA Siegburg,
Steinmetz Markus Weisheit aus Siegburg,
Dirk Hornek, Schreinermeister in der JVA Siegburg,
Jürgen Schmid  und ich, Werner Klein,
Arbeitstherapie der JVA Siegburg.